Donnerstag, 1. August 2002

PZF in Karlsruhe 2002

Paarzeitfahren Karlsruhe am Samstag oder mein erstes Radrennen live vor Ort!

Radsportfan bin ich schon lang und fast ebenso lang wollte ich ein Rennen live vor Ort sehen. Aber da mein Wohnort (München) und dessen nähere Umgebung damit leider nicht gerade gesegnet ist, um nicht zu sagen, dies hier völlig unbekannt ist, blieb es für lange Zeit ein Traum.

Seit Februar bin ich nun Mitglied bei "www.cycling4fans.com" und dort bekam ich viele Tipps rund um den Radsport. Ende Juli war dort im Forum viel über das Paarzeitfahren in Karlsruhe zu lesen und wer dort alles starten sollte. Armstrong, Jalabert, Rich, Peschel, Moreau, Voigt, Zülle usw.

Diese Namen ließen meinen Wunsch, dort hinzufahren, immer größer werden. Innerhalb kürzester Zeit fällte ich den Entschluß, da muss ich hin. Ganz leicht fiel mir das nicht, ich war noch nie in KA und noch nie bei einem Radrennen.

Aber vor allem Jalabert wollte ich sehen, nach der großartigen Tour und seinem zweiten Bergtrikot, für mich ist er einer der größten. In Frankreich hatte er sich so richtig in mein Herz gefahren. Oder auch Armstrong, den vierfachen Toursieger, wann würde ich wieder die Gelegenheit haben ihn in Deutschland zu sehen?

Gesagt, getan, ich kaufte die Fahrkarte schon Anfang der Woche (noch mal vielen Dank an den Schreiber der PN mit dem Tipp fürs Twen Ticket, damit war es doch deutlich billiger!). Am Samstag ging es dann frühmorgens los, mit dem Eurocity nach Karlsruhe. Dieser Zug fuhr weiter nach Paris, wie passend zum Radsport!

Es geht los

Ich war mal wieder viiiiiiiiel zu früh da, schon um 11.10 Uhr in KA am Bahnhof. Da stand ich dann erstmal ziemlich alleine und verlassen rum, weil ich noch nie dort gewesen war. Es war auch noch nix von Absperrungen zu sehen, was mich sehr gewundert hat. Ich hab schon gezweifelt ob das Rennen überhaupt am Bahnhof vorbeikommt. Naja, erst mal daheim angerufen und mitgeteilt dass ich gut angekommen bin. Danach hab ich in der Touristeninfo am Hbf nach der Europahalle gefragt. Die freundliche Dame hat es mir auch gut erklärt, gefunden hab ich sie trotzdem nicht! *g*

Aus diesem Grund und weil ich mich nicht verlaufen wollte, bin ich nach ca. 10 Minuten Fußmarsch umgedreht und zurück zum Bahnhof. Dabei hab ich schon die ersten Fahrer beim Warmfahren gesehen, Rubens Bertogliati und Raivis Belohvosciks vom Team Lampre.

Dann hab ich das Fahrerlager vor dem Hotel entdeckt. Erstmal außenrum geschlichen und neugierig geguckt. Aber nachdem ich gesehen hatte, dass sehr viele Fans dort rein sind, hab ich das auch getan. Irgendwie musste ich ja die Zeit rumkriegen bis zum Start. Was man dort zu sehen bekam war schon toll.

Diese Zeitfahrmaschinen, einfach fantastisch! Ich bin ja nun wirklich kein Technikfreak oder "Experte" aber die waren klasse! Ich war bestimmt zwei Stunden dort, die meiste Zeit bei US Postal. Der Mechaniker dort war sehr auskunftsfreudig, er beantwortete Fragen nach dem Material welches Floyd Landis oder Lance Armstrong im Rennen benutzen wollten!

Was mich sehr gewundert hat: Vor dem Rennen hab ich dort niemanden englisch sprechen gehört, nur deutsch oder holländisch. Aber um so besser, hat man wenigstens was verstanden!

Es war auch sehr interessant zu beobachten, wie die Räder auf das Rennen vorbereitet werden, man ahnt gar nicht, welche Arbeit dahinter steckt. Der Mechaniker hat immer wieder andere Teile angeschraubt und ausprobiert, bis er schließlich zufrieden war.

Im Fahrerlager gab es auch noch einige gute Sprüche von Fans zu hören:

-"Die Räder haben ja gar keine Schutzbleche!" *g*
- "Das sind ja gar keine Mountainbikes!" *g*
- "Auf diese Pedalen passt ja gar nicht der ganze Fuß!" *g*
- "Bei den Bergetappen der Tour sahen die Räder aber ganz anders aus!" *g*

Es macht doch immer wieder Spaß und Freude zu sehen, wenn sich die Fans so eingehend und aufmerksam mit ihrer Lieblingsportart befassen! *g*

Nachdem ich genügend Räder und Mechaniker und Teambusse gesehen hatte, ging es langsam auf den Start zu. Zuerst gab es noch die Fahrervorstellung mit Marcel Wüst, der alles wunderbar übersetzte. Gibt es eigentlich eine Sprache, die der nicht spricht???

Am Hotel gab es große Lautsprecher, die die Vorstellung von der Europahalle übertrugen. Endlich hörte ich einmal die Stimmen der Fahrer, die ich schon so oft im Fernsehen gesehen hatte!

Christophe Moreau kann jetzt übrigens wunderbar "Jens" sagen, nur mit dem Nachnamen hapert es noch "Woit"!

Bei ihm musste ich gleich an seine Dauerstürze während der Tour denken, die mich mitleiden ließen. Hoffentlich klappte es heute besser. Wir wollten im Büro schon für ihn sammeln und Stützräder kaufen! *g*

Ich bekam einen sehr guten Platz, ganz in der Nähe der Kommentatorentribüne mit Karsten Migels. Endlich auch einmal dieses Gesicht zur Eurosport-Radsport-Stimme gesehen!

Neben mir stand eine Frau mit großer amerikanischer Fahne, die die beiden Posties besonders frenetisch anfeuerte. Sie war sich auch sicher, dass der Texaner auch noch einen fünften und sechsten Toursieg holen wird.

Als Armstrong und Landis zum Start fuhren, waren alle Polizeimotorräder hinter ihnen (fühlen die sich auch in D bedroht?)

Schließlich ging es dann endlich los, und ein Team nach dem anderen wurde auf die insgesamt 72 km lange Strecke geschickt.

Besonders viel Beifall bekamen immer das Duo Laurent und Nicolas Jalabert, Armstrong/Landis und auch die beiden Gerols Rich/Peschel. Nach einigen Runden kam plötzlich das Begleitfahrzeug der Rabofahrer Zberg/Wauters alleine an und die Fahrer hetzten hinterher, dies führte zu allgemeiner Heiterkeit! Durch die Nähe zur Kommentatorentribüne bekam ich den Stand des Rennes immer sehr gut mit, weil dort alle Zwischenzeiten durchgegeben wurden. Als die Gerols in Führung gingen, war der Jubel groß.

Es war auch sehr interessant zu sehen, wie unterschiedlich die Fahrer das Rennen fuhren. Zülle sah bereits nach wenigen Runden total erledigt aus, während Armstrong die Sache als Einzelzeitfahren mit Anhang (Landis) absolvierte.
Ich drückte den Gerols die Daumen, dass es mit dem Sieg klappt, damit auch
dieses Team endlich ein bischen mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückt. Trotz Reifenpanne und Radwechsel reichte es schließlich zum Sieg für die Sprudeltruppe aus der Eifel.

Da mein Zug erst um 18.52 Uhr zurück nach München fuhr, hatte ich nach dem Rennen wieder das gleiche Problem wie davor: Zeit rumkriegen!

Dies war dann aber kein großes Problem, als die Fahrer vom Ziel zurückkamen:

Jetzt gings ans Autogramme sammeln. War ich vor dem Rennen noch skeptisch, ob die "Helden der Landstraße" dazu bereit sein würden, wurde ich nun eines besseren belehrt und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Livingston (der ist wirklich so freundlich, wie er immer beschrieben wird, der hat die ganze Zeit gelächelt!), Julich (als die Menge von ihm Unterschriften wollte, hat er gemeint, er sei aber nicht Armstrong!), Wauters und Zberg (die konnte ich nicht auseinander halten, aber nicht nur ich), Millar, Rich und Peschel, Landis und Wüst.

Noch ein bischen was zur Autogrammjagd:

Als Peschel und Rich zurückkamen, gab es großen Applaus der Fans für den Sieg und die beiden mussten noch lange Autogramme schreiben, obwohl sie eigentlich nicht so recht wollten! Wüst kam auf so einem kleinen Kickboard daher. Ein kleiner Junge wollte das Autogramm von Wauters auf den Rücken haben, aber der gute Belgier hat das leider nicht verstanden, der Kleine war ganz verzweifelt!

Ich kam mit ein paar anderen Autogrammjägern ins Gespräch, die ganz neidisch auf meine FC-Bayern-Autogramme geschaut haben!

Als besonders fanfreundlich erwies sich übrigens noch David Millar: Eine Frau wollte ein Foto von ihm machen aber ihr Fotoapparat ging nicht. Er war schon ins Auto gestiegen und ist extra noch mal rausgekommen und hat gewartet bis das Bild im Kasten war!

Schließlich konnte ich zum Abschluß noch Autogrammkarten von Crédit Agricole und Zülle/Garmendia ergattern, aber leider ohne ein Autogramm darauf zu bekommen. Als ich vor Alex Zülle stand, kam von hinten jemand an und hat dem Alex gratuliert - zu was eigentlich? die sind letzte geworden???

Daraufhin ist der Schweizer ins Auto gestiegen und weg war er! Und Aitor Garmendia schaut auf der offiziellen Coast-Autogrammkarte viel dicker aus als er in Wirklichkeit ist!

Um 18 Uhr kam dann nach langem Warten Floyd Landis aus dem Hotel und hat noch eine ganze Weile lang seinen Namen in Bücher, Hefte und auf Trikots geschrieben.

Um viertel nach sechs hab ich dann das Fahrerlager verlassen und bin zum Bahnhof. Dort hab ich mir was zu Essen gekauft und mich nach über sieben Stunden Stehen mal wieder hingesetzt. Meine Beine und vor allem meine eh schon geschädigten Knie haben mir noch nie so weh getan...

Als ich dann so gegen 23 Uhr wieder daheim war, war ich total fertig, aber auch restlos begeistert!

FAZIT:

Radrennen sind eine tolle Sache, einfach die Atmosphäre, bei diesem Rennen hat sich nicht alles nur um TT gedreht, jedes Team bekam seine Aufmerksamkeit, auch wenn die beiden Rabos vor dem Rennen nahezu unerkannt durchs Fahrerlager laufen konnten.

Ich bin jetzt von dem Virus infiziert und gleich einen Monat später nach Nürnberg gefahren.

Christophe Moreau ist ein Rennen ohne Sturz zu Ende gefahren, freut mich für ihn!

Ich hab Laurent Jalabert fahren gesehen, er ist und bleibt für mich einer der größten. Adieu Laurent...

Auch wenn der sportliche Wert dieser Veranstaltung sicher diskussionswürdig ist, so war es für mich fantastisch: Das erste Radrennen das ich live vor Ort verfolgt habe und es waren gleich solche große Namen dabei

Aus, Ende, Amen.

Nach dem Skispringen ist nunmehr auch der Biathlon live vor Ort und im TV für mich gestorben.