Sonntag, 29. Januar 2006

Kombi-Weltcup in Seefeld am 29.01.2006

Kombi-Weltcup in Seefeld oder ein traumhafter Tag in den Tiroler Alpen

Zweimal war ich schon bei den Kombis gewesen, und zweimal war das Wetter schlecht gewesen. Ich glaubte schon nicht mehr daran, dass die Verbindung NoKo + Sonne überhaupt möglich sei.
Doch der 29.01.06 belehrte mich eines Besseren. Der Weltcup der Winterzweikämpfer machte in Tirol Station und ich beschloss, dass ich dabei sein müsste.
Lange nach preisgünstigen Zugverbindungen gesucht, schließlich auch gefunden...

Morgenstund hat Gold – bzw. Kombi im Mund...

So fiel ich am Sonntagmorgen um 4:30 Uhr todmüde aus dem Bett, aber was tut man nicht alles um die Helden zu sehen...
Gegen halb 6 verließ ich das Haus, schlurfte durch die kühle bayrische Winternacht zur S-Bahn, um halb 7 fuhr mein Zug am Münchner Hauptbahnhof. Nach dem Erwerb einer Breze wanderte ich zum Gleis 32, der Zug war zum Glück schon da und ich fiel auf eine der ausgeleierten Sitzbänke. Der Zug fuhr über Garmisch-Partenkirchen, ein Blick auf die Schanzen.

Nein, der Puijo und seine Schanzen sind schöner. Jawollja. Weiter durchs tiefverschneite Werdenfelser Land über Klais nach Mittenwald. Ich stieg aus und suchte die Bushaltestelle, von wo aus es weiter gehen sollte nach Seefeld. Der Föhnwind blies mit aller Macht und der Schnee taute. Der Bus kam pünktlich um 9:06 Uhr, für 3,40 € ging’s weiter ins schöne Tirol.

In der Zwischenzeit war auch Lowi gegen 6:30 aus ihrem Bette geklettert. Nach Morgenwäsche und Frühstück verließ sie so gegen 7:15 ihre Wohnung und machte sich auf den Weg zum Bus. Dort musste sie feststellen, dass bis zu dessen Fahrt noch etwas Zeit war, also beschloss sie noch ein Stückchen stadteinwärts zu wandern. Schlussendlich legte sie die ganze Strecke zu Fuß zurück. Am Bahnhof angekommen stand der Zug nach München über Seefeld bereits am Gleis, und somit konnte sie sich bereits ein schönes Plätzchen für die halbstündige Zugfahrt rauf ins Gebirge suchen.

Am Bahnhof von Seefeld traf ich um halb 10 auf Lowi und zusammen suchten wir das Stadion. Nach nur einmal verlaufen fanden wir es auch, etwa um 10 Uhr waren wir vor Ort.
5 € kostete der Eintritt und wir fanden auch schnell einen guten Platz am Schanzenauslauf, direkt am Weg, den die Athleten zurück nehmen mussten.

Liebenswertes Österreich und schweigsame coole Finnen

Es lief gerade der Probedurchgang und wir amüsierten uns über die beiden Sprecher, die sich ein ums andere Mal versprachen. Den Wettkampf verlegten sie nach Saalfelden usw. usf...
Aber es war auch typisch österreichisch, familiär, liebenswürdig, nicht so aufgeblasen wie in Deutschland! =)
Da wurden die Familien der österr. Kombis alle persönlich begrüßt („und für den Michi Gruber freuen sich die Mama und der Papa und die Schwester und der Kreiner David hat sogar den Hund dabei...“).

Dann spielten sie noch eine Aufzeichnung ein, da wurden wohl am Tag zuvor Fans befragt, was sie über den Bewerb Gundersen wüssten – wir hielten uns, wie auch die Umstehenden, den Bauch vor Lachen.

Dann ging endlich der Wettkampf los und wir feuerten besonders die Finnen an. Nach einer Weile stellten wir fest, dass die heute nicht aktiven Finnen Jaakko Tallus und Anssi Koivuranta sowie ein Wachser ebenfalls am Auslauf standen und mehr oder weniger interessiert dem Bewerb folgten. Anssi machte einen auf „It’s cool man“ und lief selbst im Schatten mit Sonnenbrille herum, dazu finnentypisch Mütze auf dem Kopf. Und die ganze Zeit Stöpsel im Ohr. Was er wohl höre fragten wir uns... ob ihm die an der Schanze gespielte Musik wohl nicht tauge?

Wenig später ließ sich diese Frage mit einem eindeutigen Ja beantworten – zum Sprung eines Österreichers ertönte „Blau blau blau blüht der Enzian“. Das Publikum brüllte fast vor Lachen! Wenig später kam dann „Des is koa Radio, des is koa Video, des is koa Fernsehapparat zum einischaun“. Aufgrund der Textzeile „Des is sicher wieder was von die Japaner“ spielte man es ein als ein Japaner an der Reihe war. Auch dieser Hit der Schürzenjäger traf den Musikgeschmack des jungen Herrn Koivuranta offenbar nicht so ganz...er gab weiterhin den Steiffbären (Knopf im Ohr).

Langsam wurde es immer wärmer, die Sonne kam über die Berge, der Himmel war strahlend blau, keine Wolke zu sehen, dazu das verschneite Seefelder Hochplateau... der Herrgott war an diesem Tage ganz sicher ein Tiroler...

Zwischen dem ersten und zweiten Durchgang begannen Anssi und Jaakko ihre gemeinsamen Spaziergänge, welche den ganzen Tag anhalten sollten. Vielleicht hatten sie auch Weisung bekommen, aufeinander aufzupassen, nicht das einer von ihnen noch verloren ginge...
Sie standen inmitten der Zuschauer – völlig unbehelligt wohlgemerkt. Nach einer Weile setzten sie sich in den Schnee, aber Jaakko stand sofort wieder auf – offenbar konnte er Sitzenderweise nichts sehen!

Sommer mitten im Winter

Die beiden genossen offenbar die warme Tiroler Sonne, für die Finnen schien es wohl unglaublich, dass es mitten im Winter so warm und sonnig sein konnte – vor allem für Anssi, der ja im finnischen Norden daheim ist, wo die Polarnacht im Winter das Land für 53 lange Tage verdunkelt. Als die beiden zu Ende der Pause wieder zum Schanzenauslauf zurückgingen, passte Lowi haargenau auf, denn sie brauchte ja unbedingt noch ein Autogramm von Jaakko Tallus, denn der war ihr am Vortag ja entkommen. Also verschwand sie mal für 2 Minuten mitten ins Getümmel, und kam kurze Zeit freudestrahlend zurück – denn sie hielt endlich das heiß ersehnte Autogramm von ihrem kleinen Liebling in den Händen, bzw. in ihrem Autogrammbüchlein.

Insgesamt waren die Sportler sehr zugänglich, für die Fans, ich bekam Autogramme von Haseney, Moan, Manninen und Kaitainen.

Nachdem sich Jaakko und Anssi am Verpflegungsstand noch mit etwas Jause eingedeckt hatten, nahmen sie wieder ihren Stammplatz im Auslauf ein. Ville Kantee (ganz in schwarz gewandet), der inzwischen seine Arbeit mit dem Wachsen der Sprungskier beendet hatte gesellte sich zu ihnen. Und dieses Grüppchen wuchs stetig an, denn die anderen Finnen leisteten ihnen Gesellschaft, nachdem diese ihren zweiten Sprung mehr oder minder erfolgreich beendet und sich umgezogen hatten. Janne ebenfalls mit Sonnenbrille, Mütze und Knopf im Ohr. Er wollte wohl auch kein althergebrachtes Tiroler Liedgut hören! Vor allem die Videowand schien Herrn Kantee total zu faszinieren, dauernd machte er Fotos davon – wohlgemerkt immer dann, wenn Ösis sprangen. Wenn ein Finne kam, schauten die Burschn weg, den Sprüngen der Österreicher schauten sie hingegen immer alle hinterher. Wollten sie sich was abschauen? Werksspionage?

Für uns beide war es deshalb nicht mehr ganz so leicht das Springen weiterhin aufmerksam zu verfolgen, denn mit einem Auge schielten wir immer auf das Finnengrüppchen.

Dennoch entging uns nicht, dass nach dem Springen Christoph „Bieles“ Bieler vorne war, Hannu hatte als sechster 2:18 min Rückstand. Dennoch waren wir beide uns sicher, dass Hannu das Ding schon schaukeln würde, und somit nach Ende des Rennens als Gesamtweltcupsieger feststand.

Ein langer Tag für Sportler und Fans in Tirol

Inzwischen war es ca. 13.00 Uhr und wir schauten noch kurz zur Langlaufstrecke, um einen guten Platz für 16 Uhr auszukundschaften. Die Mannschaften packten ihr Graffl zam und fuhren in ihre Hotels. Da auch wir keine Lust hatten, drei Stunden im Stadion zu warten, bis es weitergehen würde, machten wir uns auf den Weg ins Dorf. Im Gegensatz zu Deutschland konnte man das Stadion verlassen und kam später sogar wieder rein. Kein „Bei Verlassen des Stadions verliert die Karte ihre Gültigkeit“.
Am Ausgang meinte man dazu: „Freundlich lächeln und Karte hochhalten, dann kommt’s wieder rein“. So gehts auch!

Am Skilift angelangt, trafen wir auf einen Mann, welcher einen mittelgroßen Bernhardiner mit Leberkäs fütterte. Der Hund war total lieb, gab sogar Pfötchen. Wir schauten ganz begeistert zu, dachten uns der Hund ist aber lieb. Plötzlich meinte der Mann dann zu uns: „G’hört der euch?“ Da wir aber kein Hundefutter hatten und auch keinen Bernhardiner haben wollten, wenigstens im Moment nicht, setzten wir unseren Weg fort.

Wir wanderten durchs Örtchen, kauften ein wenig Proviant (Fruchtmolke von Neumis Sponsor), quatschten über Gott und die Welt und ungesunde Babynahrung und machten uns dann wieder auf den Weg zum Stadion. Dort zog ich erst mal meine Skihose aus, weil es so warm war. Gerade als wir unseren vorher ausgespähten Platz einnahmen schnallten Anssi und Jaakko ihre Skier ab. Die beiden hatten wohl die Pause genützt und eine kleine Trainingseinheit im sommerlichen, österreichischen Winter eingelegt. Kurz darauf verließen die beiden das Stadion und fuhren dann ins Hotel, wohl um zu duschen. Die beiden sah man am Sonntag immer und überall zusammen rumlaufen. Lowi meinte, die beiden sehen aus wie ein altes Ehepaar. Immer noch eine Stunde Zeit bis zum Start. Wir nützten die Zeit und schauten Fotos aus Finnland an, den Finnen beim sich-warmlaufen zu und hatten jede Menge Spaß. An der Strecke stehend konnte ich dann noch auf meine Mütze und die Handschuhe verzichten weil es so mild war.

Hannu zum 11.? Weltcup zwei Monate vor Saisonende?

Zum Start des LL-Rennens erzählte der Streckensprecher es wären jetzt noch 30 Athleten am Start. Wir fragten uns ob wohl einer aufgeben habe? Hoffentlich keiner „unserer“ Finnen! Die Lösung des Rätsels folgte sogleich – Matthias Menz war nach dem Springen wegen nicht regelkonformen Anzugs disqualifiziert worden.
Lowi meinte dann, Jussi Hautamäki solle doch zu den Kombis gehen. Hier gebe es häufiger Bewerbe mit nur 30 Startern – da habe er jedes Mal automatisch Weltcuppunkte. Das Laufen könne er ja noch lernen...der Skisprungteil müsse ihm ja auch liegen, bei den Kombis gibt’s ja mehr Anlauf als bei den Spezialisten.
Als es dann endlich losging, schien das einzig spannende noch zu sein, wann Hannu wohl die vor ihm gestarteten Läufer eingeholt haben würde? Wir tippten auf die 10-km-Marke. Wir feuerten Hannu, Jouni, Janne und Antti lautstark an und schwenkten die finnischen Fahnen, mein kleines Hannu-Plakat flatterte in der Tiroler Winterluft.

Rund 10 Minuten nach dem Start kamen auch Jaakko und Anssi wieder und begaben sich auf die über die Strecke führende Brücke um ihre Mannschaftskameraden anzufeuern. Offenbar war dies aber nicht gestattet, denn ein Ordner ging sofort daran, die beiden zu verscheuchen. Anssi machte einen auf „Minä en ymmärrä saksaa/englantia/sinua“ (Ich verstehe kein Deutsch/Englisch/dich nicht) und blieb stehen. Letzten Endes waren die beiden aber erfolgreich verdrängt, und der Ordner, sich seiner Sache offenbar zu sicher, verschwand von der Bildfläche. Dies nutzte Anssi gnadenlos aus und stand sofort wieder oben, Hannu lautstark anfeuernd. Feststellung unsererseits – er kann ja doch reden! *fg*

Nach einer Weile beschlossen die beiden (Jaakko und Anssi) sich an die Strecke zu stellen. Zuerst standen sie uns direkt gegenüber, dann gingen sie ein Stück weiter weg und quatschen dort ausgiebig mit Tino Edelmann, welcher heute ebenfalls nicht am Start war.

Hannu kam immer weiter nach vorn, auch Antti arbeitete sich von Platz 29 nach dem Springen nach vorn. Da schien einer um die letzte Chance in der Olympiastaffel zu kämpfen... Janne hingegen kämpfte, es ist halt nicht so leicht, mit 18 Jahren bei den Großen dabei zu sein. Seine Beine schienen schwer zu werden, er sah leidend aus, immer weiter fiel Finnlands Jüngster zurück. Und die Höhe (ca. 1200 m) kam ja auch noch dazu.

Wir konzentrierten uns auf die Finnen, genauer gesagt darauf, das Moan hinter Hannu blieb. Sollte nämlich Hannu vor dem Norge ins Ziel kommen, hätte er bereits zwei Monate vor Saisonende den Gesamtweltcup gewonnen.

Hannu war erneut bärenstark. Etwa bei Kilometer 10 oder 11 hatte er „Bieles“ eingeholt, das Unternehmen Gesamtweltcupsieg nahm Formen an. Nun war Hannu zusammen mit Todd Lodwick vorn.
Doch kurz vorm Ende der vorletzten Runde (also bei km 12,5) kam das unausweichliche: Hannu’s Stock ging wieder einmal nach einem kleinen Gerangel mit Todd Lodwick zu Bruch. Da aber blöderweise an dieser Stelle kein Betreuer stand, musste Hannu notgedrungener Maßen so ca. 500m und somit auch den steilen Anstieg, mit kaputtem Stock zurücklegen. Dennoch gelang es ihm sich in diesem Anstieg von Todd abzusetzen. Kurz bevor es in die Abfahrt ging, bekam er endlich von Jani Klinga den neuen Stock.

If you want to win – you have to take a Finn!

Als das Rennen fast gelaufen war, gesellte sich noch Niniel zu uns. Hannu lag vorn und wir begannen schon mal mit den ersten kleinen Feierlichkeiten bezüglich Hannu’s Tages- und Gesamtweltcupsieg. Am Ende hatte Hannu es tatsächlich geschafft, der dritte Gesamtweltcupsieg in Serie war in trockenen finnischen Tüchern, der elfte Sieg in dieser Saison, der siebte in Serie, der sechste hintereinander in Seefeld. Sehr erfreut waren wir auch über Anttis Platzierung, hatte er sich doch tatsächlich zehn Plätze nach vorn gearbeitet und war 19. geworden. Jouni wurde 22. und Janne 29., aber er hatte sich tapfer durchs Rennen gekämpft.

Schließlich schritten wir zur Siegerehrung, die wir auf der Videowand sahen. Frei nach der Devise „Helm ab zum Gebet“ nahmen wir die Mützen zur Finnenhymne ab und lauschten ergriffen den Klängen von „Oi maamme“. Zur Krönung des ganzen gab es noch ein kurzes Hannu-Interview, bereits das zweite an diesem Tage. Die drei am Stockerl bekamen etwas das wie eine Blumenvase aussah. Hannu sah das offenbar genauso und stopfte seinen Blumenstrauß umgehend dorthinein. Todd wurde 2. und machte bei der Siegerehrung zu den Klängen von „Born in the USA“ eine mächtige Show.

Als die Zeremonie vorüber war wollten wir noch Fotos von den Finnen machen, aber außer einem Wachser (welcher übrigens den ganzen Tag mit einer roten Schürze vor dem Bauch herumlief) ließ sich niemand sehen. Der schleppte Skier, Kartons und Taschen heraus, aber es war niemand da um das ganze Graffl in den danebenstehenden VW-Bus einzuladen. Dies veranlasste uns zu der Aussage, die Finnen seien wohl der Meinung, in den letzten Jahren bei Großereignissen eh kein Glück gehabt zu haben und daher war es ihnen wohl egal, was vor Olympia mit ihrem Zeug geschah... der Weltcup war eingesackt, also alles paletti.

Der Wachser hatte die anderen offenbar gewarnt dass wir immer noch da seien und so kam niemand aus dem „sicheren“ Funktionsgebäude heraus. So ließen wir die Finnen Finnen sein und wanderten zum Bahnhof um die Heimreise anzutreten.

Lowi hatte Glück, ihr Zug fuhr wenige Minuten nach dem wir den Bahnhof erreicht hatten. Ich dagegen weniger. Geschlagene 1,5 Stunden musste ich noch warten...ich versuchte die Zeit mit einem kleinen Bummel durch die Seefelder Fußgängerzone und langem in-der-Wartehalle-rumsitzen sowie Haribo-futtern zu überbrücken. Der Zug war dann zum Glück pünktlich, auch in München passte dann alles und so war ich um 22 Uhr endlich zu Hause. Todmüde aber auch sehr glücklich über diesen wirklich perfekten Tag!

Nächstes Jahr soll der Weltcup in Seefeld am 20./21.01.07 stattfinden – und wir werden ganz sicher wieder mit dabei sein.


Dienstag, 3. Januar 2006

Kombi-Weltcup Ruhpolding 03.01.2006

Mit Bahn und Bus in die Berge – oder Yeti beim Weltcup der Nordischen Kombinierer in Ruhpolding am 03.01.2006

So wie es der Deutsche Alpenverein immer fordert, so machte ich es. Allerdings überstieg der Anteil der mit dem Bus zurückgelegten Strecke den Bahnanteil um ein Vielfaches.

Geplant war dies nicht. Normalerweise geht es mit dem Zug zunächst von München Ost nach Traunstein und von dort aus ebenfalls mit dem Zug weiter nach Ruhpolding. Erst am dortigen Bahnhof besteigt man dann den kostenlosen Pendelbus und lässt sich gemütlich die 7 km zum Zirmberg fahren.

Diesmal aber begann es am Montag zu schneien wie lange nicht mehr, womöglich wie noch nie im südöstlichen Bayern. Der Schnee sorgte für eine schreckliche Katastrophe in Bad Reichenhall und mir verging die Vorfreude gewaltig...
Zum ersten Mal seit langen verfluchte ich den Schnee und studierte immer und immer wieder die Verkehrsmeldungen, ob die Züge in den Chiemgau auch fuhren.

Bis Montag Abend taten sie dies auch noch. Am Dienstag stand ich um 5 Uhr auf, gegen viertel vor sechs schaute ich noch mal die Verkehrsmeldungen im Videotext des Bayerischen Rundfunks an. Schlagartig verging mir meine gute Laune.

Dort war doch tatsächlich weiß auf schwarz zu lesen das die Züge nur bis Rosenheim fahren würden und auch sämtliche Nebenstrecken gesperrt sein wegen den Schneemassen.
Hätte ich nicht schon die Fahrkarten gehabt, ich wäre wieder ins Bett gekrochen.
Aber wir Bayern lassen uns nicht unterkriegen und auch das „sisu“ der Finnen kam mir wieder in den Sinn und auch davon hatte ich ja nach sieben Monaten in Ostfinnland etwas in mir.
Ich wollte schließlich Hannu und Co. sehen. Ich marschierte zur S-Bahn, fuhr zum Ostbahnhof und wartete dort am Gleis 8. Am Zugzielanzeiger stand der Regionalexpress verzeichnet und als Ziel Salzburg. Na prima, ging es also doch wieder, die Meldung im Videotext war bestimmt nur veraltet.

Als der Zug dann endlich kam, tönte aus dem Lautsprecher eine Stimme, dieser würde nur bis Rosenheim fahren („§$§&$/%/!!(%(&/()!!&) <= zensiert; dies dachte ich in diesem Moment).

Na ja, irgendwie würde ich schon zur Schanze und Loipe vordringen können.
In Rosenheim war dann wirklich Endstation aber vor dem Bahnhof standen die Busse vom Schienenersatzverkehr. Der Bus fuhr bis Traunstein, so erfuhr ich vom Fahrer. Über die Autobahn ging es zuerst nach Prien am Chiemsee und dann nach Traunstein.

Unterwegs schrieb ich Lowi eine SMS das ich nicht genau wisse, wann ich in Traunstein bzw. Ruhpolding sein würde. Einige Zeit später piepste mein Handy, Antwort aus Braunau. Lowi würde gar nicht kommen können, da die Straßen durch umgestürzte Bäume blockiert waren und in ganz Österreich keine Züge mehr fuhren.

Schade, sehr schade, zu zweit hätte es mehr Spaß gemacht und Lowi hatte sich auch schon sehr gefreut. Na ja, konnte man nix machen. Ich machte es mir im Bus gemütlich und betrachtete das unter den Schneemassen versunkene Bayern. Der Bus fuhr inzwischen auf der A 8 und nicht nur auf den Parkplätzen standen die Lkws, nein, auch am Seitenstreifen. Es war wirklich unglaublich, was dieser Schnee verursacht hatte.

Ca. 7:45 Uhr waren wir in Rosenheim weggefahren und ich hoffte, wir würden es bis 8:48 Uhr nach Traunstein schaffen, da um diese Uhrzeit der Zug nach Ruhpolding fahren würde. Ganz schafften wir es nicht, aber auch der Zug fuhr nicht. Vielmehr stand er im 1 Meter tiefen Schnee. Da ging nix, das war schnell klar.

Aber auch hier klappte der Schienenersatzverkehr wieder bestens. Ein weiterer Bus fuhr direkt zur „Nordischen“, wie der Fahrer meinte. In den kleinen Orten entlang der Straße standen die Hausbewohner auf den Dächern und schoben unglaubliche Mengen Schnee herunter.

Ca. Viertel vor zehn stand ich im Stadion und blickte hoch zur Schanze – morgens hatte ich nicht daran geglaubt, es bis hier her zu schaffen und auch an der Durchführbarkeit des Weltcups arge Zweifel gehabt.
Der Stadionsprecher erzählte, die ehrenamtlichen Helfer hätten nachts um halb 5 ihre Arbeit begonnen. Sie müssen übermenschliches geleistet haben...

Zuerst ging die Probe über die Bühne, die ersten Springer kamen sehr weit – Ergebnis dauernde Anlaufverkürzung. Danach die Probe, für Hannu und Janne lief es gut, für die restlichen drei Finnen leider ganz und gar nicht. Anssi Koivuranta kommentierte seinen 118 m-Sprung mit einem grimmigen Gesicht und Daumen nach unten, wie ich auf der Videowand gegenüber von mir sehen konnte. So ganz fit schien der Bursche also echt nicht zu sein.

Nach dem Springen war Hannu 5. und ich sauste so schnell ich konnte rüber ins Langlaufstadion um einen guten Platz zu bekommen. Vorbei am Schießstand der Biathleten, welcher mehr als tief verschneit war. Ebenso die Extratribünen für den Bia-Weltcup nächste Woche. Ich ging weiter und fand einen Platz direkt an der Strecke. Wieder gegenüber der Videowand, ca. 100 m nach dem Start.

Eine Stunde Zeit bis zum Start des Langlaufrennens war nun noch. Kalt war mir nicht, dank der Lammfellsohlen in den Schuhen.

Langweilig wurde es trotzdem nicht. Zum einen Dank der ARD, die einen riesigen Kabelsalat produzierte, als ihr Kameramann sich mit seinem Arbeitsgerät einen guten Platz suchen wollte. Dann gab es noch die jüngsten Langläufer des SC Ruhpolding zu sehen, goldig waren die.

Und natürlich auch die Athleten selbst, welche sich einliefen. Links von mir standen zwei Mädels mit Deutschlandfahne und Ronny-Kappen, rechts von mir einer mit Österreich-Fahne. So wurden alle Sportler angefeuert. Die Finnen zogen es vor, in schwarzen Anzügen zu trainieren – verständlich bei ihren neuen Langlaufanzügen.

Hannu kam sehr oft vorbei, Anssi war kaum zu sehen. Dazwischen gab es noch Interviews mit den Trainern der Deutschen, der Trainer der Finnen, Jani Klinga lief vorbei.

Endlich wurde das Rennen gestartet und alles fragte sich eigentlich nur, wann Hannu die vier vor ihm liegenden Läufer eingeholt haben würde und mit welchem Vorsprung er gewinnen würde. Wie gesagt, dies dachten wir. Zunächst sah auch alles danach aus, Hannu stürmte vorwärts und das Rennen schien entschieden.

Doch erstens kommt es anders und zweitens als der Finnenfan denkt und Hannu konnte sich nicht vorn halten. Er fiel zurück während vorne andre um den Sieg kämpften. Am Ende gewann Felix Gottwald vor Ronny Ackermann. Hannu wurde am Ende 5. und lag halbtot im Ziel. Der nasse schwere Schnee schien ihm ganz und gar nicht zu liegen.

Inzwischen hatte sich die nächste schneebedingte schlechte Nachricht herumgesprochen. Der Traunsteiner Bahnhof war akut einsturzgefährdet und deshalb komplett gesperrt...die Feuerwehr stünde am Dach und versuche den Schneemassen Herr zu werden.

Ich sauste nun wieder, diesmal aber zum Parkplatz um zunächst einmal den Pendelbus nach Ruhpolding zu erwischen, um von dort aus weiter nach Traunstein zu kommen. Dort hoffte ich den nächsten Bus nach Rosenheim zu erwischen, da die Züge noch immer nur bis dort hin fuhren. Eigentlich wollte ich bis abends bleiben und mir die Siegerehrung im Champions Park anschauen. Letztes Jahr ging dies nicht wegen dem starken Regen, heuer wegen dem Schnee und den Verkehrsproblemen.

Den vierten Bus nach Ruhpolding erwischte ich. Am Bahnhof stand ich dann eine Weile ratlos und suchend herum, bis ich die Haltestelle fand wo der Bus nach Traunstein fuhr. Auch dies klappte problemlos. Vor Ort sah man dann den abgesperrten Bahnhof und viele Männer der Feuerwehr, welche mit viel zu viel Schnee kämpften.

15 Minuten später kam der Bus nach Rosenheim. Es wurde eine sehr schöne Fahrt, ganz neuer Bus und der Fahrer fuhr nicht auf die A8, welche gestopft voll sein sollte sondern quer übers bayrische Land und erzählte von Land und Leuten.
In Rosenheim stand die Feuerwehr am Dach der Kathrein Arena und schob den Schnee vom Dach – das Bayernland im festen Griff des Winters.

Es klappte erneut super. 16:25 waren wir am Bahnhof, 16:31 kam der Zug nach München.
17:27 erwischte ich die S-Bahn am Ostbahnhof, kurz vor 18 Uhr war ich daheim.

Es war alles in allem ein schöner Tag aber ich hoffe das nächstes Jahr das Wetter die Chiemgauer endlich mal belohnt und ich dazu komme, mir auch die Siegerehrung abends noch anzuschauen!

Streik im Öffentlichen Dienst, Winter/ Frühling 2023

Wie bitte? Die Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst streiken? Die mit den sicheren Arbeitsplätzen, die, die in der Pandemie nicht um ihre Jobs...