Dienstag, 18. Januar 2011

Weltcup der Nordischen Kombination in Seefeld 2011, Januar

Seefeld 2011 – 1. Tag , Samstag 15.01.2011

Wir schreiben Samstag, den 15.01.2011.

Es ist 4:40 Uhr als die Büroangestellte Nina M. vom Wecker ihres schicken Nokia-Handys aus dem wohlverdienten Schlaf gerissen wird. Am Wochenende eher aufstehen als während der Arbeitswoche ist böse. Sehr böse. Vor allem wenn man seit Donnerstag Kopfweh hat und sich total erschlagen fühlt. Depperter Föhn!

So weit, so schlecht. Aus dem Bett gekrochen und versucht noch die letzten zwölf47 Sachen in den Rucksack zu stopfen. Brotzeit richten, Tee kochen, Winterklamotten anziehen und um 5:20 Uhr das Haus verlassen, S-Bahn um 5:45 Uhr, Ankunft am HBF MUC kurz nach 6 Uhr. Zug fährt um 6:30 Uhr. Natürlich wieder ganz hinten am Bahnhof. Kalt isses und ich bin müde. JA-WOLL!

Ratternd und schleppend verlässt der Zug aber immerhin pünktlich den Bahnhof – und es ist auch kein komisches Volk, übrig geblieben von der Nacht, im Zug. Perfekt.

Unterwegs regnet es in Strömen und meine Laune steigt ins Unermessliche….währenddessen wird die erste Semmel vernichtet.

Viertel vor Neun bin ich in Seefeld und der liebe Gott ist wieder mal ein Tiroler. Strahlender Sonnenschein, blauer Himmel, Schnee und kalt ists. Ein Wintertraum!

Am Bahnsteig treffe ich dann auf E. und zusammen machen wir uns auf den Weg zum Stadion, vorher noch schnell ne Postkarte gekauft die gleich noch eine Rolle spielen würde.

Da es mal wieder in aller Herrgottsfrühe losgeht sind noch nicht wirklich viele Leute im Stadion. Man könnte auch sagen es war fast leer! Der Probedurchgang läuft gerade als wir ankommen. Einen schönen Platz gesucht am Zaun und es konnte los gehen. Rumgucken, Fotos machen, sich freuen.

Als der Wettkampfdurchgang lief hielt ich dem lieben Janne Ryynänen aus Finnland die zuvor erworbene Postkarte zwengs Autogramm unter die Nase. Der Edding dazu war ganz offensichtlich ein Fehler, kritzelte „Meiku“ damit doch fast die ganze Karte voll – aber vorher musste er sich noch vergewissern dass auf der anderen Seite kein anstößiges oder sonst inakzeptables Bild sich befand. Aber das Motiv fand offenbar seine Gnade – weil siehe oben!

(Man soll ja immer nachsehen was man unterschreibt – kluger Junge!)

Vielleicht gefiel es ihm ja auch dass ich seinen Vornamen mit richtiger, weil finnischer Betonung aussprach – lannnnnges „n“!

Wirklich erfolgreich waren unsre geliebten Finnen nicht im Springen *seufz* aber die Norweger, Franzosen und Italiener trösteten ein wenig darüber hinweg.

Jason flog auf 113 m – fast ein neuer Schanzenrekord und danach strahlte er wieder mit der Tiroler Sonne um die Wette – was eine Frau im Publikum zu der Aussage veranlasste „A symbathischer Bua!“ Wie recht sie doch hat. Egal zu welchem Land man hält – den Jason mag wohl einfach jeder!!!

Dieser Sprung verschaffte ihm für den Lauf einen Vorsprung von über einer Minute. Nicht wenige Fans waren der Meinung, dieser sei bereits entschieden!

Nach dem Springen stand sofort der nächste Höhepunkt am Programm. Durfte doch das Fanvolk auf die neue Schanze hinauf. Lift fahren und ganz ganz rauf.
E. und ich warteten tapfer eine Dreiviertelstunde und schauten den deutschen Technikern beim Wachseln zu, dabei trugen sie Atemschutz wie die Berufsfeuerwehr München.

Endlich endlich waren wir am Lift und glitten schwerelos nach oben. Oben angelangt kletterten wir noch die letzten Stufen nach oben und genossen eine sagenhaft Aussicht. Mit weichen Knien – auch eine Normalschanze verlangt Respekt ab.
Herrgott war das steil da oben – ich kann gar nicht so viele Hüte aufsetzen wie man vor den Jungs ziehen müsste!!

Wie heißt es in einem Lied der Kastelruther Spatzen so schön?

"Che bella la vita!"

Oh ja, das war es an diesem sonnigen Wintertag!
Nachdem wir uns satt gesehen hatten machten wir uns wieder auf den Weg nach unten um auch den Bauch zu füllen, im Schwimmbadrestaurant.
Vor uns am Lift Fans aus Italien, genauer gesagt aus der Ecke wo man Ladinisch spricht. Klingt sehr sehr gut!! Wie eine Mischung aus Italienisch und Französisch. Aber es erinnerte uns auch wieder schmerzhaft an Simona Senoner.

Als der Bauch gefült und die Postkarte mit Jannes Gekritzel in den Postkasten gestopft war gingen wir noch Richtung Kirche…wieder einmal ein Kerzerl in „Gedenken an…“ aufstellen. Dort in der Kirche saßen schon zwei in Italia-Teamjacken, gebückt und in stillem Gedenken…*schluck*

Gegen halb drei machten wir uns wieder auf den Weg in Richtung Stadion um einen guten Platz zu kriegen, wie immer standen wir unterhalb der Brücke, da wo man die Athleten pro Runde drei Mal sehen kann.

Es gesellten sich noch ein paar weitere Fans zu uns. Es stellte sich schnell heraus dass nicht nur die Damen und Herren von den Medien teils 0, gar keine Ahnung haben, nein, auch das gemeine Fanvolk glänzt durch grandioses Nichtwissen!!

Kostprobe gefällig?


Bitte!

„Tut sich da heut noch was?“ (Natürlich nicht, wir stehen hier zum Spaß)

„ Was machen die da?“ (Sie laufen sich warm)

„Wann geht das weiter?“ (In einer Stunde etwa) „Oh so lang noch!“ (Fan ab)

„Verausgaben die sich jetzt schon total?“ (Ja klar, der Wettkampf dann ist ihnen total egal!)

(Verfasserin dieser Zeilen sagt nicht was ihr durch den Kopf ging)

Wir befestigten unsere Fahnen am Zaun und freuten uns auf den Lauf.

So richtig spannend versprach es ja nicht mehr zu werden, also konzentrierten wir uns auf das Geschehen hinter der Spitze.

Doch nicht nur die Spannung fehlte, sondern auch unsere Finnen, wie sich bald herausstellte *heul*.
Später am Abend stellte sich dann heraus dass Janne und Hannu krank gewesen waren und Joni hatte den LL nicht beendet. Dann wurde uns auch klar warum Janne so dick eingepackt herumgelaufen war.

Es kam dann auch wie vermutet, Jason gewann! Zu unserer großen Freude landeten zwei Norges auf dem Stockerl, Magnus und Mikko. Jan wurde 5. und auch die Italiener schnitten richtig gut ab, besonders Lukas Runggaldier. Das Team aus Italien brachte drei Läufer unter die besten 16, so gut waren sie lange nicht.

Wir schauten uns noch die Ehrung der Sieger auf der Großbildleinwand an, machten Fotos derselbigen und dann machten wir uns auf den Weg Richtung Seefeld Hauptbahnhof um die Reise in Richtung Heimat anzutreten.

Auf dem Weg aus dem Stadion kamen wir an einem sehr zutraulichen Hund vorbei. Hundi gestreichelt, Hund schleckt mir die Hand ab. Wir weiter gegangen, ca. 50 m – Moment mal, Hunde-Herrchen hatte Italia-Jacke an. Kehrtwende, E. fragt Hundeherrchen (Giuseppe Michielli) nach Foto. Am Ende bedankt sich der Athlet beim Fan fürs Foto.

Kombi, wir lieben dich!

17:15 Uhr sitzen wir beide im Zug. Kaum das meiner wieder deutschen Boden unter den Rädern hatte, stehen zwei streng schauende Bundespolizisten im Wagon und wollen meinen Ausweis sehen. Jaja, es sind doch andere Zeiten zurzeit.

Aber da ich ja nix zu verbergen hatte, Ausweis gezeigt und gut wars.

19:27 Uhr Ankunft MUC HBF und um 20 Uhr bin ich zu Hause.

Rucksack ausräumen, Fotos hochladen, Forum nachlesen und wie ein Stein ins Bett gefallen.

2. Tag, Sonntag, 16.01.2011


Diesmal erst um 6:30 Uhr, also um eine wesentliche christlichere Zeit als am Vortag fällt der Münchner Kombifan aus dem warmen Bette.

Same procedure as yesterday, Rucksack packen, anziehen und zum Bahnhof. Zug fährt um halb neun. Ankunft im schönsten aller Weltcuporte um 10:45 Uhr. Beine unter die Arme genommen und in neuer Rekordzeit über vereiste Straßen in Richtung Stadion geschlittert. Ankunft dort 11 Uhr.

Vor mir leider schon eine ganze Menge Fans, in Pelzmänteln, unüberhörbar aus dem nördlichen Teil meines schönen Heimatlandes und ebenso ahnungslos wie die Typen gestern beim Lauf.

Kostprobe?


Bitte!

„Ach gestern das war der erste Durchgang und jetzt das ist der zweite?“ (Nein, das war gestern ein Wettkampf und heute ist noch einer) „Ah ja…“

„Wer war das jetzt?“ (Frau hat Startliste in der Hand)

Warum stehen die Leute die keine Ahnung haben ganz vorn und nehmen den echten Fans die Sicht? Sowas gehört verboten!

Der erste Höhepunkt aus meiner Sicht folgt sogleich. Hannu ist wegen seiner Ausbildung zurück nach Suomi (mit dieser Nachricht kann ich zum ersten Mal im ahnungslosen Publikum glänzen) und auch Joni ist scheinbar lieber im warmen Bettchen verblieben.

Also alle Hoffnungen auf Janne Pekka Ryynänen gesetzt. Dieser junge Mann aus Rovaniemi trägt die ganzen Hoffnungen eines erfolgsverwöhnten Landes auf seinen gerade erst 23 Jahre alt gewordenen Schultern…zu beneiden ist er nicht…

Diesmal ist alles enger beisammen als noch am Tag zuvor. Janne erwischt den Sprung gut und hat am Ende nur 24 sec. Rückstand auf Jason, der wieder mal den Sprunglauf gewinnt.

Ob er aber starten würde war noch nicht sicher, das hatte ich abends noch auf yle und mtv3 gelesen.

Aber zurück zu den ahnungslosen Fans. Selbige interessierten sich nämlich ausschließlich für die Athleten des DSV. Den Sprung von Jason am Ende verpassten sie somit total und bekamen daher auch das Endergebnis nicht mit. Und dann wussten sie nicht mal wer wer ist von den deutschen Jungs. *kopfschüttel*

N. machte sich nun auf den Weg in Richtung Bahnhof um dort E. abzuholen. Anschließend erwarb meinereiner noch drei Ansichtskarten, in einem indischen Klimmbimm-Laden, in dem man noch mit Taschenrechner agierte und das Wechselgeld in einer antiken Blechdose sich befand. Aber immerhin bekam ich die richtigen Briefmarken.

E. und N. schritten mal wieder zum Essen, wieder ins Schwimmbad. Dort bekamen wir noch ein echtes Schauspiel geboten – Österreicher beim Verfolgen eines alpinen Skirennens im TV.

20 Mann gebannt vor dem Bildschirm. Nichts und niemand konnte sie dabei stören.

Am Ende sprang zwar kein Sieg heraus aber man war trotzdem zufrieden.

Während dem TV-gucken gegessen, Karten geschrieben und wieder ins Stadion. Draußen Traumwetter, warm, sonnig, blauer Himmel – ein Bilderbuchtag, ein wahr gewordener Wintertraum. Nichts und niemand konnte uns die Laune verderben an diesem perfekten Tag.

Im Stadion angekommen standen wieder die Ladiner neben uns und diesmal sogar einer der Aktiven, Armin Bauer.

Und auch die nichtwissenden Fans waren wieder da und stellten doofe Fragen.

Kostprobe?

Bitte!

„Wie viele km laufen die und wie lang dauert das?“ (4 Runden à 2,5 km, dauert insgesamt etwa 26 Minuten)

Fan rechnet im Kopf…(Nein, nicht 4 x 26 Minuten, insgesamt so lang)

Aber immerhin wurden wir von ihnen als Experten bezeichnet!! *runtergehwiehonig*

Als dann auch noch ein gewisser Janne auf der Bildfläche erschien war der LL gerettet (dachten wir wenigstens)

Eins war lustig: Janne R. beim Versuch des Warmlaufens im LL. Steht ungefähr 50 m von uns weg, mit dem Rücken zu uns. N. sagt zu E. er solle sich umdrehen weil ich ein Foto machen wolle.



In dem Moment dreht er sich tatsächlich um und guckt uns an!



Kann er etwa Deutsch?



Leider hielt das Glück nicht lange an da er das Warmlaufen recht schnell beendete und der Physio-Co-Trainer Jari Hiekkavirta die Skier Richtung Teambus schleppte.

Dann kam auch Janne, mit einer riesigen Skitasche – Aufschrift „One Way“ – tja wo geht sein Weg, der Weg der finnischen Kombi hin…Wenn Anssi nicht zurück kommt ist die Sache vermutlich am Ende.

Am Abend las ich dann auf den wohlbekannten Internetseiten aus Finnland dass Janne seit Schonach eine Bronchitis habe und man in Hinblick auf die WM nichts habe riskieren wollen. Zu allem Überfluss habe dann auch noch Joni in der Nacht auf Sonntag das gleiche aufgeschnappt.

Nun gut, dann gewinnt halt nächstes Jahr ein Finne!

(Das sagen wir uns nun auch schon jedes Jahr…...)

Kurze Zeit später krächzte es dann auch aus den Lautsprechern dass Janne nicht mehr starten würde. Es sei ja total unverständlich, so der Sprecher…wie wäre es mal hinzugehen zu den Finnen und nachzufragen wieso? Die können gut Englisch!! ;)

Nun gut, so beschlossen wir, dann halt alle Anfeuerungskraft an Team NOR und ITA und auch für Jason und Tommy Schmid! Fahnen aufgehängt und auf den Start konzentriert.

Am Ende hatte dann Magnus „Rennsemmel“ Moan wieder mal alles in Grund und Boden gelaufen und gewann das Rennen vor Jason und David Kreiner. Ganz knapp dahinter Lukas Runggaldier. Alles freute sich für David, nur wir zwei waren ein wenig enttäuscht. Ein Stockerlplatz hätte die Italiener ein wenig auf andere Gedanken gebracht. Aber sie schienen sich auch so zu freuen, feierten sie doch als habe Lukas gewonnen!

Wir schauten uns die Siegerehrung auf der Videowand an und machten uns dann schließlich auf den Weg zum Bahnhof um die Heimreise anzutreten.

Aber nächstes Jahr, da gewinnt ein Finne! Ganz sicher!!

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