„Hey Vorspringer!“ – Vierschanzentournee
2017 in Garmisch-Partenkirchen
Wie jedes Jahr hatte N. sich geschworen, niemals nie nicht jemals wieder zum Neujahrsspringen nach Garmisch-Partenkirchen zu fahren.
Zu viele Leute auf zu engem Raum, zu viele Besoffene und von Silvester Übrig gebliebene, schon morgens in München auf dem Weg zum Hauptbahnhof.
Keine Stimmung in GAP, zu viele Fans ohne jede Ahnung von der ganzen Geschichte.
è „Wozu
sind die Linien auf dem Hang?
è „Springen
Hannawald und Schmitt heute auch mit?“
è „Warum
ist der jetzt nicht vorne, der war viel weiter!“
Wie jedes Jahr kam im Herbst die
Mail, dass es nun Tickets gäbe.
Wie jedes Jahr begann N. hin und
her zu überlegen. Ich würde ja nicht allein hinfahren müssen und vor Ort würde
sich auch noch die Möglichkeit auf ein kleines Usertreffen ergeben.
Andererseits hatte ich nach dem Anschlag in Berlin ein wenig Scheu vor solchen Massenveranstaltungen. Aber wenn man nur noch zu Hause bliebe, hätten die Terroristen genau das erreicht was sie wollten.
Andererseits hatte ich nach dem Anschlag in Berlin ein wenig Scheu vor solchen Massenveranstaltungen. Aber wenn man nur noch zu Hause bliebe, hätten die Terroristen genau das erreicht was sie wollten.
Und dann war da ja auch noch das
blöde KO-Verfahren, das N. sowie so nicht leiden konnte.
Kurzum, kurz vor knapp kaufte N.
online eine Karte und fuhr hin.
N. und S. hatten sogar noch
überlegt, Silvester im Werdenfelser Land zu verbringen und auch die Quali live
zu verfolgen, dies fiel aber aus, da keine Unterkunft mehr zu bekommen war.
Also gut, dann halt morgens am 01.01. hin.
Halb elf waren wir im Stadion,
die erste Reihe schon jetzt utopisch. Nach kurzer Suche hatten wir die anderen
vom Forum gefunden.
Die Sicht war zwar nicht die
allerbeste, aber egal.
Gerade als wir uns mit allem soweit
arrangiert hatten, trat „People“, wie wir ihn später insgeheim nannten, auf den
Plan. Und ab da war es aus mit der Neujahrsruhe.
„People“ wog geschätzt so viel
wie das halbe norwegische Team. Nein, nicht das halbe Springerteam. Da wäre es
das ganze Team gewesen. So geschätzt fünf Mal Tande + drei Mal Stjernen.
So viel wie das halbe Trainer-
und Betreuerteam zusammen. Also Stöckl, Brevig und Vilberg. Mindestens.
Er versuchte sich ganz nach vorn
zu drängen, doch die Forumsdelegation blieb eisern und wich nicht vom Fleck.
P. erzählte Sachen, die niemand
hören wollte und die niemanden interessierten.
Er zeigte mir auf seinem Handy
Fotos von der Weihnachtsfeier eines VFB Stuttgart-Fanclubs. Könnte auch die
Silvesterfeier gewesen sein, ich habe es verdrängt.
„Da sind wir immer
oberkörperfrei!“ (Oh mein Gott, wer will das sehen????????)
„Früher bin ich immer zum
Bergisel gefahren!“ (N. und S. begannen zu schwitzen, schließlich wollten wir
da am 04.01. auch noch hin…)
„Vor Jahren hatte meine Mutter in
Innsbruck einen Herzstillstand!“ (Ok, das tut mir für ihre Mutter sehr leid,
aber warum erzählen Sie das wildfremden Menschen?)
Zwischenzeitlich war er mal weg, wir begannen aufzuatmen, aber leider kam er wieder zurück. L
Eine erste Kostprobe seiner
Nervigkeit bekamen wir, als die Vorspringer vorbeikamen. People wollte die
Startnummern haben („Ich bringe mir immer Souvenirs von den Springen mit!“)
Da er die Jungs aber halt leider überhaupt nicht kannte, rief er immer nur „Hey Vorspringer, kann ich deine Nummer haben!“
Niemand ging auf ihn ein.
Wir erklärten ihm mehrfach, dass
die Jungs die Nummern nach dem Bewerb wieder abgeben müssen.
Er hatte frankierte Kuverts mit
seiner Anschrift dabei, die er den Jungs in die Hand drückte. Sie sollten ihm
unterschriebene Autogrammkarten zurückschicken. Severin Freund ignorierte ihn
komplett (*gg*), leider war wenig später ein Teamkollege zu unvorsichtig und
blieb stehen. Zack, hatte er Sevis Kuvert in der Hand.
Und auch die Jungs aus Österreich
und Polen kamen ihm und seinen Briefumschlägen nicht aus. Die Ösis guckten sehr
sparsam, was sollten sie auch mit deutschen Briefmarken in ihrer Heimat? People
wollte das Problem aber absolut nicht einsehen. Einen Polen hielt er auch an. Zu
P.s großem Pech konnte der Jung aber leider kein Deutsch und guckte ihn nur
total entgeistert an.
Weil er mit seinen Kuverts usw.
so beschäftigt war, bekam er leider vom Springen nicht viel mit. Als Severin
sprang, fotografierte er grad in die andere Richtung.
Es war einfach nur schrecklich mit
dem Typen.
N., S. und der Rest vom Forum
versuchte die Nervensäge zu vergessen und den Bewerb zu genießen. Rein
ergebnistechnisch war das Springen vor allem für die Fans der Wikinger eine
große Freude. Daniel-André Tande sprang schon in der ersten Runde 138 Meter und
führte vor dem allen entscheidenden zweiten Durchgang das Klassement an.
Wir hofften auf gute Nerven für
Daniel und dass er das würde halten können. In KT im Dezember hatte es noch
knapp nicht gereicht für einen Sieg des Norwegers.
Um nochmal auf die KO-Duelle
zurückzukommen - in der ersten Runde sprang Andreas Stjernen ja gegen Dimitri
Vassiliev aus Russland. Der Russe zuerst. N. verwechselte dabei den Russen mit
dem Norweger und war auf Grund des Sprungs, der lediglich auf 119 Meter ging,
entsprechend bedient.
Seit dem nennen wir Herrn Stjernen nur noch Andreas-Dimitri. Passend dazu befand sich im Rucksack Espen-Mikko, der kleine Plüschelch. *gg*
Von N.s Finnen waren alle leider
schon in der ersten Runde ausgeschieden, ebenso die Jungs vom Team North
America.
Die Norweger hatten immerhin vier
Jungs in die nächste Runde gebracht.
Der Beginn der zweiten Runde
plätscherte irgendwie so dahin, doch je näher die Entscheidung rückte, umso
mehr stieg der Puls.
Vorletzter Springer war Kamil
Stoch mit dem weitesten Sprung des Durchgangs. Jetzt saß nur noch Daniel oben.
N. und S. drückten sich die Daumen blau und waren vermutlich ebenso nervös wie
der Junge aus Kongsberg im Süden Norwegens.
Daniels Sprung ging auf 142
Meter, ein Meter weniger als Kamil. Er bekam ein wenig bessere Noten als Kamil,
aber die Abzüge für den Wind waren ein wenig höher. Das ganze norwegische Team
war im Auslauf und wartete und bangte mit Tande. Ebenso bangten wir.
Nach einer gefühlten Ewigkeit
leuchtete neben Daniels Namen die Eins auf und der Jubel der Norweger kannte
keine Grenzen. 3,2 Punkte lag er vor Kamil.
Bei der Siegerehrung sangen dann
ein paar Fans aus Norwegen die Hymne Ja vi elsker dette landet mit.
Sehr feierlich. Gänsehautgefühl.
Sehr feierlich. Gänsehautgefühl.
Die Freude nahm aber ein jähes Ende, als unser Freund aus dem Schwabenland wieder auf den Plan trat.
Er hatte sich nun noch ein Stückchen weiter nach vorn gedrängt und wartete auf Andreas Wellinger.
Ungefähr im Rhythmus von 30 Sekunden fragte er irgendjemanden, ob „der Wellinger“ schon durch sei. Immer weiter drängte er. N. sah sich schon auf dem Boden liegen, irgendein Körperteil in den Absperrgittern eingeklemmt und unter People liegen.
Wellinger kann dann auch. People sah ihn nicht und N. sagte auch nichts. (hähähä).
People fragte weiter, ob der Welli schon durch sei.
Als alles vorbei war, verließen
N. und S. das Stadion und wollten den ersten der Sonderzüge zurück nach München
nehmen. Diese Idee hatten aber gefühlt alle anderen 20.000 Menschen auch. Ok, dann also zu
Fuß zurück zum Bahnhof Garmisch statt Kainzenbad.
Dabei einen richtig kurzen Weg
gefunden. Nicht entlang der Partnach, sondern durch den Ort.
Auch in den nächsten Zug kamen
wir nicht rein. Erst um 17:35 Uhr hatten wir Erfolg.
Wie immer, wenn ein Norweger
gewinnt. Immer dann haben wir mehr oder weniger Probleme mit dem Zug. Wie etwa im Sommer
2016 beim Sommer Grand Prix der Kombis, als N. zwei Stunden länger als geplant
nach Oberwiesenthal brauchte.
Drei Tage später auf der
Heimreise von IBK hing dann in Hochzirl eine Weiche fest (Daniel gewann
bekanntlich ja auch dort).
Alles in allem war das
Neujahrsspringen so wie erwartet. Fans ohne jede Ahnung, nervige Typen,
schlechte Sicht, keine Stimmung.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen