Montag, 29. Januar 2018

Skiflug-WM Oberstdorf, 18.01. - 21.01.2018

Vorwort

Donnerstag, 21.09.2017
N. und S. kaufen online je ein Ticket für Sonntag, den 21.01.2018. Teamfliegen. Warum wir nicht gleich für alle Tage der WM zuschlagen, weiß bis heute leider niemand und erst recht nicht wir selbst.

Freitag, 05.01.2018. 
N. und S. kaufen online je ein Ticket für Donnerstag, den 18.01.2018 (Quali) sowie Freitag, den 19.01.2018 (1. und 2. DG Einzel). Zu diesem Zeitpunkt sind für Samstag, den 20.01.2018 keine Karten mehr verfügbar. N. und S. verfluchen Gott und die Welt. Würden wir die Entscheidung im Einzel nicht sehen können. *zeter* *mordio*

Freitag, 12.01.2018. 
N. guckt wie jeden Tag auf die Seite von Eventim und fällt fast vom Stuhl. Es gibt wieder Karten. Sofort S. in A. angerufen und alarmiert.

Um 17:12 Uhr ist die WM für uns gerettet.

Wir haben Karten für alle vier Tage. Für ziemlich viel Geld, aber WM ist ja nun auch nicht jeden Tag.

Wenige Stunden später stellten wir fest, dass wir Karten für unterschiedliche Blöcke hatten. C1 bzw. C2.

Voi ei! Fy faen! Merda! !§&ZE%& (zensiert)

Irgendwas ist immer.

Donnerstag, 18.01.2018 - ein kurzer Tag an der Schanze

Um kurz nach elf waren in "Oberi", wie die Finnen den Ort stets nennen. Ach ja - es regnete. Unsere Pension "Zur glücklichen Kuh" befand sich am anderen Ende des Ortes, oben an der Audi Arena. N. weigerte sich, durch den Schneematsch zu laufen.

Ok, Bus genommen. Nicht mal bezahlen mussten wir was. In der Kuh unser Graffl abgestellt, das Nötigste in die Rücksäcke gestopft und auf den Weg zurück zum Bahnhof gemacht, um mit dem Pendelbus zur Flugschanze zu fahren. Unterwegs bei der "Nordsee" noch Proviant eingekauft.

Es regnete noch immer leicht. Winden tat es nicht. Ganz Deutschland bog sich an jenem Tag ja unter einem tierischen Orkan, doch hier, tief im Südwesten merkte man nichts.

Heute standen ja bekanntlich zwei Trainingsdurchgänge sowie die Quali auf dem Plan. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.  Ganz offensichtlich wollte der Orkan ganz Deutschland einmal kräftig durchpusten. Unten im Stadion merkte man wirklich nichts, doch hoch oben auf der Heini-Klopfer-Schanze wurde es im Verlauf des Tages doch zusehends unfreundlicher.

Um 13:40 Uhr begann das Training. Um 14:58 Uhr  wurde der zweite DG nach nur vier? Springern abgebrochen. Zu windig. Nun mussten die Trainer nach nur einem Sprung ihre vier Teilnehmer für die Quali jeweils auswählen. Bei Team Norge traf es Fannis und Halvor, die rausfielen.

Fanni hatte seinen Trainingssprung gar nicht erwischt. Er. Der ehemalige Skiflugweltrekordler. Er, der bisher bei jedem der Teamsiege der Saison dabei gewesen war.
N. und S. hofften, dass er nicht wieder bittere Tränen weinen würde, so wie 2017 bei der WM in Lahti im Team.

Man verschob die Quali auf 16:30 Uhr, dann auf 16:45 Uhr.

Die Absage kam um 16:38 Uhr.

Also ab zum Pendelbus, Rückreise nach Oberi Zentrum. Dort kurz ins Oberstdorf -Haus und dann an die Absperrung. WM-Eröffnungsfeier gucken. Hätten wir uns sparen können. Die Athleten sich übrigens auch.

Die Mannschaften durften alle nur über die Bühne laufen, namentlich erwähnt wurden etwa drei der Jungs. Sagen durfte keiner was.

Dafür gab es laaaaaaaaaaange Interviews von vielen Funktionären und Politikern. In grausamem Englisch. We had the nose painted full. Die Sportler sahen es ganz offenbar ähnlich. Team Norwegen stand vor uns und so konnten wir gut sehen, dass Andreas Stjernen die Augen verdrehte und Johann André Forfang mit seinem Handy spielte.

Anders Fannemel hatte ganz feuchte Augen. Armer Kerl.

Für Heiterkeit sorgte dann das Hissen der FIS-Flagge. Diese hing nämlich falsch herum am Mast.

Als alle Anwesenden die Reden überlebt hatten, wurde man mit einem Auftritt einer Breakdance-Truppe entschädigt. Auftritt in Tracht und zu folgendem Stück: Mir san die lustigen Holzhackerbuam

Ungewöhnlich aber echt gut. Alle waren begeistert.

Zum Abschluss gab es noch ein tolles Feuerwerk.

Als alle weg waren, machten auch wir uns auf den Weg in Richtung Pension und lagen dort noch lang faul auf dem Bett herum.

Freitag, 19.01.2018 - Quali, erster und zweiter DG im Einzel und ein toller Schanzenrekord

Am heutigen Freitag dann also Quali, Versuch der 2. Frühstück um 9 Uhr, danach noch ne Weile gemütlich auf dem Bett gefaulenzt.

Quali sollte um 14:30 Uhr beginnen, so gegen 12 Uhr waren wir im Stadion. Block A, wie schon am gestrigen Tage. Direkt am Auslauf also.

48 Athleten standen also am Start der Quali und da ja nach dem aktuellen Stand der Skiflugwertung gestartet wurde, sah die Startliste, nun ja, interessant aus. 40 Athleten würden es in den ersten DG schaffen, in den zweiten dann noch 30.

Unter anderem waren drei Finnen am Start, Aalto, Ahonen und Nousiainen. Wir wunderten uns, wie schon am gestrigen Tage, wo denn der gute Jarkko abgeblieben war. Später stellte sich dann raus, dass sein Gepäck verschollen war.

Und das Warten auf die Quali hatte sich wahrlich gelohnt. Daniel-André Tande flog mit 238,5 Metern einen neuen Schanzenrekord. und gewann die Quali damit auch gleich noch.Wir freuten uns sehr für ihn!

Die drei anwesenden Finnen schafften es alle in den Bewerb, Team North America verlor mit Will Rhoads leider einen Starter. Da Määttä und Nomme nicht antraten, schieden nur sechs Athleten aus.

Die erste Runde war dann für 16 Uhr angesetzt. Eetu Nousiainen flog auf 161 Meter und der Schanzensprecher fand es nötig zu erwähnen, dass er damit seine PB um einen Meter verbessert habe...Volltrottel! N.s Finnen verloren zwei Athleten, ebenso die Amis. :(

Tande flog wieder genial, sein Teamkollege Stjernen wurde von der Jury jedoch leider total vorgeführt und bei ganz schlechten Windverhältnissen abgelassen. 193 Meter nur, Platz 10. Danke auch!

Michi Hayböck stürzte leider bei seinem Sprung, verletzte sich den Ellenbogen und trat zur nächsten Runde nicht mehr an. Dadurch schaffte es der Russe Nazarov doch noch in die zweite Runde. Des einen Freud, des anderen Leid. Antti Aalto hatte die nächste Runde damit nur um 0,6 Punkte verpasst.

Se ei voi olla totta...(Es kann nicht wahr sein).

Andreas Stjernen hatte wieder schlechten Wind, konnte sich aber immerhin auf Platz sechs verbessern in diesem zweiten DG.

Tande flog wieder am weitesten und hatte nach dem ersten Tag 10 Punkte Vorsprung auf Kamil Stoch. Wir hofften, er würde das am nächsten Tag halten können. Das letzt Jahr war nicht leicht gewesen für den sympathischen Norweger und wir gönnten ihm jetzt endlich mal einen großen Einzeltitel.

Mit dem Pendelbus zurück nach Odorf und endlich was essen gehen. Wir fanden einen freien Tisch in einer Pizzeria am Ortsrand und dort die freundlichsten und nettesten Bedienungen aller Zeiten. Als Vorspeise bestellten wir uns einen Salat und während wir diesen noch aßen, kam die eine Bedienung an unseren Tisch und entschuldigte sich schon fast, dass doch unser Essen schon gleich käme.

Das Essen (Pizza bzw. Nudeln) war dann auch richtig gut. Die Pizza so riesig, dass N. sich den Rest einpacken ließ. Aßen wir dann am nächsten Tag an der Schanze.

Nach dem Essen in die Pension und faulenzen. Wir fanden in der Online-Ausgabe einer norwegischen Zeitung einen Artikel, in dem Stöckl zitiert wurde, er hätte Daniel geraten, am heutigen Abend seinen Konsum von sozialen Medien einzuschränken und statt dessen auf gesunden Schlaf zu achten.

Wir fragten uns, ob Daniel vor lauter Nervosität überhaupt würde schlafen können.

Samstag, 20.01.2018 -  Kombi-Livestream gucken im Oberstdorf-Haus, Tag an der Schanze wieder kürzer als gedacht, ein zu Tränen gerührter Weltmeister und eine tropfnasse Siegerehrung

Am nächsten Tag wieder bis um 9 Uhr geschlafen, Frühstück und dann auf dem Zimmer auf N.s Handy per Livestream der ARD das Springen der Noko-Jungs in Chaux-Neuve geschaut. Dort gewann Akito Watabe vor Jarl Magnus Riiber und Willy Denifl. Jan Schmid, der Mann im gelben Trikot und die Überraschung der Saison, lag auf Rang vier.  Schon letzte Woche hatte er in Val di Fiemme einmal gewinnen können. Würde er das heute wieder schaffen?

Wir liefen zum Oberstdorf-Haus, verkrümelten uns im ersten Stock in eine ruhige Ecke und schauten dort wieder mit W-lan den Lauf der Kombis.

Und Jan schaffte es tatsächlich. Hauchdünn vor Akito gewann er. Ilkka Herola aus Finnland wurde Dritter. Speziell N. war hochzufrieden. Da hatte sich der Jan zwischen seinem zweiten und dritten Sieg fast SECHS Jahre Zeit gelassen und nun gewann er innerhalb einer Woche gleich zwei Mal.
Auch seine Führung im Gesamtweltcup hatte er damit ausgebaut und somit würden wir ihn in einer Woche in Seefeld in Gelb sehen können.

Der Tag begann sportlich gesehen sehr sehr gut!

N. kaufte beim Bahnhofsbäcker ne Semmel und Muffins für abends. Für Daniels Siegesfeier.

Für heute hatten wir ja Karten für Block C. N. für C 1, S. für C 2. Jedoch hatten wir schon die letzten beiden Tage gesehen, dass es scheinbar keinerlei Absperrung dort gab. Es war tatsächlich so. Ganz egal, wo man sich hinstellte. Wir waren erleichtert. Und eine FCA-Fahne hatten wir auch ergattert. Auf der Tribüne gemütlich gemacht und den Rest der Pizza von gestern gemümmelt.

Start für 16 Uhr angesetzt, wir waren viel zu früh da. Die Tribüne nicht mal annähernd voll. Wenigstens war das Wetter gut. Kein Regen, kein Wind (noch nicht).

In der Probe hielt das Wetter noch, pünktlich zum Bewerb kam der Wind. Vermutlich war dem Orkantief eingefallen, dass es einen ganz kleinen Teils Deutschlands am Donnerstag vergessen hatte...zuerst wurde der Start auf 16:15 Uhr verschoben, dann auf auf 16:30 Uhr.

Die Regie schaltete in den Warteraum der Springer. Dawid Kubacki und Piotr Zyla tanzten dort oben zur Musik. Die Polen oben, die Fans unten. Gemeinschaftliches Absingen von Schlagern und Volksliedern und tanzen.

Andreas Stjernen zeigte einen tollen Flug und kam noch auf Rang fünf.

Unten auf der Tribüne hatten wir mittlerweile Mühe, die Fahnen festzuhalten. Neben uns eine Frau mit ihrer Tochter, die beide zum ersten Mal live dabei waren. Wir erklärten ihr einiges und gaben Tipps, an welchen Weltcuporten man gut Fotos machen kann und Autogramme bekommt.

Es windete immer mehr. Ein gewisser Walter H. wurde gezeigt. N. sagte der Dame, dies sei stets ein schlechtes Zeichen, nun gäbe es bestimmt gleich einen Abbruch. Sie schaute uns ungläubig an.

Wenige Minuten später, um 17:38 Uhr war der Wettkampf beendet und Daniel-André Tande Weltmeister. Bei ihm brachen jetzt alle Dämme, es flossen jede Menge Tränen. Wir freuten uns unglaublich für ihn. Unter den Skisprungfans hatte sich der wahre Grund für Daniels Tränen schon länger herumgesprochen, aber da in den norwegischen Medien nichts stand, wollten N. und S. nichts dazu sagen. Wir mussten uns arg auf die Zunge beißen...

Es dauerte eine ganze Weile, bis die drei Erstplatzierten zur Siegerehrung kamen. Der Stadionsprecher bat darum, für Daniel, Kamil und Richie doch mit den Taschenlampen der Smartphones zu leuchten. Verbliebene Fans taten dies brav. Als die Jungs nach einer gefühlten Ewigkeit endlich kamen, leuchtete nix mehr. Der einen Hälfte Fans war vermutlich die Hand abgefallen, bei der anderen der Akku leer.

Kleine Taschenlampe brenn..

Und dann durften wir mal wieder das hier hören: Ja, vi elsker dette landet

Zum dritte Male aufgemacht, man kann es sich inzwischen wohl denken - zum Pendelbus. Wieder auf den in den Nordic Park, zur Siegerehrung. Und, wie hätte es auch anders sein sollen - es regnete. Wir kauften uns Käsespätzle und suchten uns einen guten Platz an der Absperrung. Spätzle wurden weniger, Regen mehr.

N. stand ganz vorn, unter ihrem Schirm. Später berichtete S. dann, dass die Leute hinter mir sich tierisch über meinen Schirm beschwert hatten, dass ich wohl ihre Sprache nicht sprechen würde. Dabei gab es ja eh eine Stunde lang nix zu sehen.

Wenn ich das nur gehört hätte, ich hätte mich umgedreht und in irgendeiner Fremdsprache ganz laut "Typisch Deutsch!" gerufen!

Schließlich war es dann soweit und die ersten Sechs kamen. Auch jetzt musste Daniel wieder ganz schön schlucken. Noch einmal gab es die Hymne Norwegens. Der Sprecher meinte dann, Daniel solle zu seinen zahlreichen Landsleuten etwas in seinr Muttersprache sagen, doch er sprach weiter Englisch. Nur ganz am Ende kam ein "tusen takk!" Norwegische Fans freuten sich.

Wir gingen noch zum Bahnhof und blockierten gleich mal ein Fach für morgen. Die Fußgängerzone Oberstdorfs gehörte an jenem Abend den Norges. Die Kneipenwirte freuten sich vermutlich sehr.

Zurück in die Pension. Wir waren klatschnass. Jacken, Mützen, Handschuhe, Hosen, Rucksäcke an alle verfügbaren Heizungen gehängt.

Tee gekocht, Muffins gegessen, Daniels Sieg gefeiert.

Sonntag, 21.01.2018 - Norwegen ist Teamweltmeister 

Und schon war er da, der letzte Tag der Flug-WM. Noch mal ausgeschlafen, und dann schön gefrühstückt. Noch einen Tee für einen langen Tag an der Schanze gekocht und die Thermoskanne in den Rucksack gepackt.
Gerade als N. den Wasserkocher im Etagenbad mit kaltem Wasser ausspülen wollte, öffnete sich im Nebenzimmer die Tür und wir wussten nun auch, wer uns die Nächte zuvor durch andauerndes Schnarchen wachgehalten hatte.

Es waren Betreuer oder irgendwelche Mitarbeiter von Team Slowenien!

Danach die Koffer durch ganz Oberi zum Bahnhof gezerrt und ins blockierte Schließfach geworfen.  Zum Glück waren unsere Wintersachen getrocknet.

Proviant erworben und ein letztes Mal mit dem Pendelbus ins Stillachtal gefahren.

Ein letztes Mal die jeden Tag gleiche Musik der WM hören. Einige Lieder davon waren gut (Tornero), andere eher nicht so (Bussi Bussi Bär). Dieses Lied, in Verbindung mit der depperten Kiss-Cam und dem unvermeidlichen Heiratsantrag an der Schanze  (arme Mareike) brachten uns ein ums andere Mal zur Verzweiflung.

Heute dann also wieder Block A, direkt am Hang. Die Sieger des Teamfliegens standen auf dem Papier ja schon fest, Team Norwegen konnte sich eigentlich nur selbst schlagen.
Aber das wichtigste überhaupt: Es waren acht Teams am Start. Acht Teams mit jeweils vier Athleten, die auch fliegen durften. Es würde einen Bewerb geben. Und Finnland auf jeden Fall in die nächste Runde kommen.

Nach Runde eins führte wie erwartet Norwegen. Andreas Stjernen hatte den weitesten Flug gezeigt, auf 231 Meter.

Als letzter Springer im zweiten Durchgang war dann der frischgebackene Einzelweltmeister Daniel-André Tande an der Reihe. Er hatte einen kleinen Wackler drin und kam "nur" auf 202,5 Meter und das reichte für Teamgold. Auf zwei kam Slowenien, die Bronzemedaille holte sich Polen. Für das deutsche Team blieb leider nur Blech, wodurch sich das Stadion sehr schnell leerte.

N. und S. blieben und feierten Team Norwegen.

Und hey, auf der Heimfahrt ging dann alles glatt! Kein Zugbrand, kein Zugausfall - N I X ! ! !


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